Friedrich-von-Keller-Schule in Ludwigsburg: Sanierung als Chance für den Bildungsbau

Sanierung der Friedrich-von-Keller-Schule: Bestand weiterdenken im Bildungsbau In Ludwigsburg wird aus einer Schule der 60er-Jahre ein zukunftsfähiger Lernort. Die Sanierung der Friedrich-von-Keller-Schule zeigt, wie sensibler Umgang mit Bestand und neue pädagogische Anforderungen architektonisch zusammengeführt werden…

27. März 2025

Architektur im Bestand neu gedacht

Friedrich-von-Keller-Schule
Credit: Zooey Braun

Der Ruf nach Abriss wird laut, wenn alte Schulgebäude den heutigen Anforderungen nicht mehr gerecht werden. Dabei liegen gerade im Bestand oft Potenziale, die sich mit Sorgfalt und Weitblick heben lassen. In Neckarweihingen, einem Ortsteil von Ludwigsburg, wurde dieser Weg eingeschlagen. Die Friedrich-von-Keller-Schule, errichtet in den 1960er-Jahren von Günter Behnisch, wurde nicht ersetzt, sondern weitergebaut.

Der Schulbau greift auf eine terrassierte Anlage zurück, die sich maßstabsgerecht in den Hang einfügt. Kein Gebäudeteil überragt zwei Geschosse. Für die Stadt war dies nicht nur gestalterisch relevant – auch pädagogisch bietet die klare Struktur einen wertvollen Ausgangspunkt. Im Zuge eines VOF-Verfahrens erhielten h4a Gessert + Randecker Architekten den Auftrag zur Sanierung und Erweiterung.

Erweiterung im Dialog mit dem Bestand

Das neue Raumprogramm wird über zwei wesentliche Maßnahmen realisiert. Eine davon ist der Neubau eines zweigeschossigen Riegels auf der Westseite, der Mensa, zusätzliche Klassenräume und eine Bibliothek aufnimmt. Die Holzverschalung des Neubaus schafft eine zurückhaltende Präsenz, während große Glasflächen im Erdgeschoss Blickbeziehungen zwischen Innen- und Außenraum ermöglichen.

Die neue Mensa orientiert sich zum Pausenhof, die darüber liegenden Räume öffnen sich zum rückwärtigen Garten. Der Anbau erzeugt eine schlüssige Hofsituation, die Geborgenheit vermittelt und als kommunikativer Freiraum dient. Innen entsteht ein Veranstaltungsbereich mit direkter Anbindung an das Foyer – ein Ort mit multifunktionalem Potenzial für den Schulalltag.

Lichthof und Landschaft im Dialog

Eine zweite bauliche Intervention erschließt das Gartengeschoss neu. Ein Lichthof sorgt für mehr Tageslicht und erweitert das räumliche Gefüge. Der Blick fällt auf einen alten Schnurbaum – eine Sophora, deren Erhalt Einfluss auf die Grundrissgestaltung hatte. Der Umgang mit Bestand bezieht hier nicht nur Architektur, sondern auch Landschaft in das Konzept ein.

Durch diese Öffnung verbessert sich nicht nur die Belichtung angrenzender Räume. Auch der Bezug zur Außenwelt wird gestärkt, wodurch Aufenthaltsqualität und Orientierung im Gebäude neu gedacht werden.

Strukturen für zeitgemäße Pädagogik

Im Inneren greift die Neuorganisation bestehende Stärken auf. Die Raumstruktur wurde neu gegliedert, vormals verschlossene Glasfugen zwischen Fluren und Klassenzimmern freigelegt. Flure sind keine reinen Verkehrsflächen mehr, sondern wandelbare Lernzonen.

Eine Ganztagsbetreuung mit direktem Zugang zum Garten ergänzt das pädagogische Angebot. Im obersten Geschoss wurde ein Bewegungsraum mit Kletterwand integriert. Die Architektur schafft differenzierte Lernorte, die gemeinschaftliche und individuelle Nutzung gleichermaßen unterstützen.

Material und Atmosphäre im Gleichgewicht

Sichtbeton trifft auf warmes Eichenholz, ein gelber Kautschukboden zieht sich durch Alt- und Neubau. Die Reduktion auf wenige, sorgfältig ausgewählte Materialien trägt zu einer ruhigen Raumatmosphäre bei. Das Gestaltungskonzept folgt ökologischen Kriterien, die sich an Cradle-to-Cradle-Prinzipien orientieren.

Auch energetische Sanierung, Barrierefreiheit und Schadstoffbeseitigung sind Teil des Umbaus. Die neue Schule ist funktional auf den Ganztagsbetrieb ausgelegt – für rund 300 Schüler*innen. Entscheidend bleibt jedoch nicht die Größe, sondern das Zusammenspiel aus Raumstruktur, Materialität und landschaftlicher Einbindung.

Die Friedrich-von-Keller-Schule steht für eine Herangehensweise, die das Vorhandene ernst nimmt, sensibel ergänzt und in neue Zusammenhänge überführt. Ein Beispiel, das im Kontext des Schulbaus mehr Relevanz verdient.

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