Das Wilhelm-Hausenstein-Gymnasium als Bildungsraum und Stadtbaustein

Ein Gymnasium als Stadtbaustein: In München-Bogenhausen wächst mit dem Wilhelm-Hausenstein-Gymnasium ein Bildungsbau, der Architektur, Pädagogik und Stadtentwicklung konsequent miteinander verbindet – offen, nachhaltig und zukunftsorientiert.

30. Juni 2025
Wilhelm-Hausenstein-Gymnasium | Studio Olaf Becker

Inmitten des Münchner Klimaparks in Bogenhausen verzahnt das Wilhelm-Hausenstein-Gymnasium Architektur, Pädagogik und Stadtentwicklung auf einem 20.000 m² großen Grundstück zu einem räumlich offenen Lernort. Der Bau von Hascher Jehle Architektur setzt auf Transparenz, landschaftliche Integration und eine flexible Raumstruktur – und reagiert damit auf wachsende Anforderungen an den Bildungsbau im urbanen Kontext.

Die Lernräume öffnen sich über bodentiefe Fenster und Balkone zur
Landschaft. | © Svenja Bockhop / Hascher Jehle Architektur
Die Lernräume öffnen sich über bodentiefe Fenster und Balkone zur Landschaft. | © Svenja Bockhop / Hascher Jehle Architektur

Bildung und Stadtraum auf Augenhöhe

Schon von außen hebt sich das Gebäudeensemble durch seine weichen, organischen Linien ab. Vier geschwungene Baukörper formieren sich zu einem kleeblattartigen Grundriss. Das Zentrum des neuen Gymnasiums bildet ein großzügiges Foyer, das als verbindendes Element zwischen den Lernhäusern und der dreiteiligen, tiefergelegten Sporthalle fungiert. Die Halle verfügt über eine Tribüne und erfüllt damit auch Anforderungen an den Vereinssport.

Eine Besonderheit ist die vollständige Öffnung des Geländes in den umgebenden Stadtraum. Die Schule ist nicht umzäunt, sondern Teil des Quartiers. Die grüne Freitreppe verbindet die verschiedenen Ebenen des Schulhofs mit dem angrenzenden Klimapark – ein bewusst gesetztes architektonisches Signal für Integration und Offenheit.

Freitreppe des Wilhelm-Hausenstein-Gymnasiums | © Svenja Bockhop / Hascher Jehle Architektur
Eine Freitreppe verbindet verschiedene Ebenen des großzügigen Schulgeländes, schafft Übergänge
und wird zum lebendigen Treffpunkt für Anwohner. | © Svenja Bockhop / Hascher Jehle Architektur

Lernarchitektur in Licht und Bewegung

Im Inneren folgt das Gebäude dem Lernhausprinzip mit flexiblen Raumgrößen, mobilen Trennwänden und offenen Sichtbeziehungen. Bodentiefe Verglasungen schaffen Blickachsen zwischen Fluren und Unterrichtsräumen, Innenhöfe bringen Tageslicht tief in das Gebäude. Diese räumliche Transparenz unterstützt eine Pädagogik, die auf Austausch, Zusammenarbeit und Eigenverantwortung setzt.

Besonders markant: Im Eingangsbereich hängt unter einer gläsernen Kuppel eine Installation von Gabriela Oberkofler. Kleine Holzschnitzereien aus der Welt des Schulwissens – Tiere, Pflanzen, wissenschaftliche Motive – fügen sich zu einem künstlerischen Tableau zusammen. Je nach Tageslicht entsteht ein ständig wechselndes Spiel aus Schatten und Licht.

Kunst am Bau: Die Installation von Künstlerin Gabriela Oberkofler macht Wissen sichtbar und bringt es in eine neue Dimension. | © Studio Olaf Becker
Kunst am Bau: Die Installation von Künstlerin Gabriela Oberkofler macht Wissen sichtbar und bringt es in eine neue Dimension. | © Studio Olaf Becker

Materialien mit Wirkung

Die Auswahl der Baumaterialien folgt einem klaren Konzept. Außen bestimmen vertikale Holzpaneele aus Lärche und begrünte Fassadenelemente das Bild. Die Innenräume sind geprägt von hellem Fichten- und Ahornholz, das Licht reflektiert und eine warme Atmosphäre schafft. Dazu setzt ein dunkelroter Linoleumboden bewusst Akzente. In den Raumgeometrien zeigen sich runde Ecken, asymmetrische Zuschnitte und eine dynamische Formensprache, die dem natürlichen Bewegungsfluss von Schüler*innen und Lehrkräften folgt.

Stapelung mit Funktion: Dächer als Sportflächen

Im Sinne einer ressourcenschonenden Flächennutzung sind Dachflächen begrünt und auch aktiv in das pädagogische Konzept eingebunden. So dient das Dach der Sporthalle als Sportplatz und ist mit einem Ballfangnetz versehen, das gleichzeitig eine Photovoltaikanlage trägt. Begrünte Dächer fördern die Biodiversität und leisten einen Beitrag zum Mikroklima im Quartier.

Die extensiv genutzten Dachbereiche ermöglichen zusätzlich Rückzugsräume für Pflanzen und Insekten – und bieten zugleich ein Mehr an Aufenthaltsqualität für Schüler und Schülerinnen. Der Pausenhof wird zum Terrassensystem mit räumlicher Staffelung und klarer Zonierung.

Partizipation und Planungskultur

Das Schulprojekt steht exemplarisch für einen neuen Umgang mit Bildungsbauten im urbanen Raum. Die Stadt München setzte früh auf Beteiligung: In fünf Dialogrunden wurden Bürger*innen, Stadtteilvertretungen und Verwaltung gemeinsam in den Planungsprozess eingebunden. Selbst die Grundform der Schule entstand im Austausch mit der Öffentlichkeit.

Neben dem Architekturbüro Hascher Jehle waren ver.de Landschaftsarchitekten und das Baureferat München unter Leitung von Stefanie Fuchs von Bimbach, Pinar Bicer, Thomas von Greißing und Stefan Ballmeier beteiligt. Die Freianlagen spielen eine tragende Rolle im Gesamtkonzept – sowohl funktional als auch atmosphärisch.

Wilhelm-Hausenstein-Gymnasium | © Studio Olaf Becker
Großzügige Fensterfronten, natürliche Materialien und flexible Sitzlandschaften kreieren lebendige Treffpunkte im Schulalltag. | © Studio Olaf Becker

Stadt gestalten mit Bildungsräumen

Mit dem Neubau des Wilhelm-Hausenstein-Gymnasiums ist ein Lernort entstanden, der über das Klassenzimmer hinausdenkt. Die Schule bietet Platz für rund 1.700 Schülerinnen und Schüler – und wird zugleich zu einem offenen, durchlässigen Stadtbaustein. Die Verknüpfung von Bildungsauftrag, nachhaltiger Architektur und städtebaulicher Verantwortung macht das Projekt zu einem Modellfall für künftige Schulbauten.

Die Kombination aus lichtdurchfluteter Lernarchitektur, partizipativ entwickeltem Raumkonzept und dem respektvollen Umgang mit Ressourcen setzt neue Maßstäbe für Bildung im öffentlichen Raum. In Bogenhausen wird Schulbau nicht als Einzelmaßnahme verstanden, sondern als Impuls für ein wachsendes Stadtquartier.

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