Abbruch und Neubau verlieren an Strahlkraft. Angesichts knapper Ressourcen, wachsender Städte und einer sich zuspitzenden Klimakrise verschiebt sich der architektonische Fokus: weg vom reinen Schaffen, hin zum Weiterbauen. Der Bestand wird zur Projektionsfläche für eine neue Haltung – eine, die Vergangenheit als Ausgangspunkt versteht, nicht als Hindernis.
Mit der Ausstellung „Was war werden könnte“ nimmt das Schweizerische Architekturmuseum (S AM) in Basel diesen Wandel ernst. Zwischen dem 5. April und dem 14. September 2025 wird das Verhältnis zwischen Denkmalpflege und Architektur neu beleuchtet. Gemeinsam mit der ETH Zürich entsteht ein vielschichtiger Blick auf das, was war – und was daraus werden kann.

Bestand als Ressource des Bauens
Die Ausstellung begreift den Bestand nicht als nostalgisches Objekt, sondern als architektonisches Potenzial. In einer Zeit, in der das Bauwesen neue Wege gehen muss, ist der sorgfältige Umgang mit Vorhandenem essenziell. Erhalt wird zur ökologischen Strategie, Denkmalpflege zur methodischen Grundlage.
Wo früher Abriss und Neubau dominierten, entstehen heute transformierende Prozesse. Bestehende Bauten werden umgeschrieben, neu gelesen, behutsam ergänzt. Diese Haltung setzt Wissen voraus: über Materialien, Konstruktionen und die Geschichte eines Ortes. Sie verlangt nach einem gemeinsamen Handeln verschiedener Disziplinen – und nach Offenheit für das Unfertige.


Experimente zwischen Tradition und Gegenwart
Die Ausstellung ist räumlich gegliedert. Ein Rückblick auf das Europäische Denkmalschutzjahr 1975 stellt historische Bezüge her. In einem weiteren Raum präsentieren Studierende der ETH Zürich kuratierte Fallbeispiele, die sich mit Denkmalpflege im Spannungsfeld aktueller architektonischer Praxis beschäftigen. Die Bandbreite reicht von subtilen Eingriffen bis zu radikalen Umdeutungen.
Ein weiterer Schwerpunkt widmet sich dem Umbau des Zürcher Kongresshauses. Das Projekt der ARGE Boesch Diener zeigt exemplarisch, wie sich mit Rücksicht und Entwurfsfreude ein neues architektonisches Ganzes entwickeln lässt. Historische Elemente wurden restauriert, überformte Strukturen entfernt, neue Teile eingefügt. Es entsteht ein vielschichtiger Dialog zwischen Geschichte und Gegenwart.

Gauch, Fabien Schwartz

Denkmalpflege weiterdenken
Im letzten Teil richtet sich der Blick nach vorn. Was wird 2075 als erhaltenswert gelten? Wie verändert sich die Wahrnehmung von Architektur über Generationen hinweg? Und wie lässt sich eine zukunftsfähige Denkmalpflege denken, die gesellschaftliche Diversität, Klimafragen und Transformation ernst nimmt?
Die Ausstellung wirft keine fertigen Antworten aus, sondern öffnet einen Möglichkeitsraum. In Diskussionen, Rundgängen und der „Denk-Mal-Bar“ wird das Publikum eingeladen, eigene Perspektiven einzubringen. Auch ein interaktiver Audioguide beteiligt die Besuchenden direkt. Die Denkmalpflege wird so zur Verhandlungssache – eine, die gesellschaftliche Relevanz beansprucht.
Bildung, Vermittlung, Austausch
Nicht zuletzt richtet sich die Ausstellung auch an die Bildungslandschaft: Schulklassen, Studierende und Lehrpersonen sind eingeladen, Denkmalpflege nicht als Theorie, sondern als gestaltbaren Prozess zu erfahren. Die dialogische Vermittlung steht dabei im Vordergrund.
Was war werden könnte denkt Architektur und Denkmalpflege gemeinsam weiter. Zwischen Erinnerung und Entwurf entsteht ein neues Verständnis für das, was Bauen in Zukunft bedeuten kann: Verantwortung übernehmen, Räume bewahren – und dabei gestalten.
Titel: Was war werden könnte: Experimente zwischen Denkmalpflege und Architektur
Laufzeit: 5. April bis 14. September 2025
Ort: S AM Schweizerisches Architekturmuseum
Adresse: Steinenberg 7, CH-4051 Basel
Website: www.sam-basel.org
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