Brainergy Hub Jülich: Holz-Hybrid, atmende Fassade, LowEx – ein Rundbau als sozialer Motor der Energiewende
Brainergy Hub Jülich: der kreisrunde Neubau von HENN organisiert Co-Working, Forschung und Austausch in einer Parklandschaft

Energiewende braucht Räume und klare Bilder dafür. Wo Transformationspolitik auf Alltag trifft, überzeugen Orte, die Gemeinschaft ermöglichen, Wissen bündeln und Ressourcen schonen. In Jülich entsteht dafür ein prägnanter Baustein: der Brainergy Hub. Der kreisrunde Neubau wird zum sozialen Mittelpunkt eines gesamten Energieparks – als Arbeitsort, Austauschplattform und identitätsstiftende Figur für eine Region im Aufbruch. Die Fertigstellung ist für 2027 vorgesehen.
Wissensdrehscheibe im Energiepark
Der Brainergy Hub wird Herz und Adresse eines Areals, das Unternehmen und Start-ups aus erneuerbaren Energien, Bioökonomie und Digitalisierung anzieht. Die Architektur von HENN macht das Programm lesbar: Ein Rundbau mit gleichwertiger Orientierung in alle Richtungen, verankert in einer Parklandschaft. Hier trifft man sich zum Arbeiten, Präsentieren, Kommunizieren.



Kreis als Prinzip – Raster als Werkzeug
Im Inneren organisiert ein modulares System die Nutzungen: in den oberen Ebenen formiert sich eine „Pixelwolke“ aus Büro-Units, gefasst von drei umlaufenden Balkonringen. Dazwischen entstehen Innenhöfe und ein großzügiges Atrium, die Tageslicht tief ins Gebäude bringen und vielfältige Wegebeziehungen eröffnen. Außenliegende Treppen erlauben Abkürzungen, das Erdgeschoss rückt zurück und richtet eine klare Nord-Süd-Achse aus, die See und Obsthain auf dem Grundstück miteinander verbindet. Auf dem Dach warten Eventräume mit Terrasse.

Holz-Hybrid, der Atmosphäre schafft
Konstruktiv setzt der Entwurf auf eine Holz-Beton-Hybridstruktur. Stützen und Träger aus Holz bleiben sichtbar, Innenräume erhalten Holzbekleidungen. Das erzeugt Wärme, Robustheit und eine haptische Qualität, die zur programmatischen Idee passt: konzentriert arbeiten, spontan diskutieren, gemeinsam entwickeln. Für das Projekt wird durchgängig die CO2-Bilanz betrachtet – gebundener Kohlenstoff inklusive Betrieb – und als Entscheidungsgrundlage genutzt. Angestrebt ist ein DGNB-Zertifikat in Gold.
Fassade, Klima, Energie – ein fein austariertes System
Die Gebäudehülle übernimmt eine aktive Rolle im Klimakonzept. Dezentrale, „atmende“ Fassadenelemente wechseln zwischen Zu- und Abluft, sichern hohe Luftqualität und erreichen laut Planung bis zu 90 Prozent Wärmerückgewinnung. Externer Sonnenschutz reduziert den Wärmeeintrag. Im Inneren ergänzen Heiz- und Kühlpaneele die Regelung, nachts kühlt das System die Speichermassen. Strom erzeugen Photovoltaikmodule auf dem Dach und in den Erschließungsringen; Überschüsse fließen in einen Energiespeicher im Haus. Wärme und Kälte bezieht der Hub aus dem LowEx-Nahwärmenetz des Parks mit Wärmepumpen als Taktgeber.
Landschaft und Wasserhaushalt als Mitspieler
Der Hub liegt in einer vielfältigen Parklandschaft. Grünräume und Biotope wirken gegen urbane Hitzeeffekte, begrünte Dachflächen und Innenhöfe schaffen zusätzliche Habitate. Ein neu angelegter See dient als Rückhaltebecken für das Regenwasser des gesamten Parks. Das Gebäude nutzt Regenwasser zusätzlich im Betrieb. Architektur, Freiraum und Wasserhaushalt greifen ineinander und bilden ein robustes, wartungsarmes System.
Innenarchitektur: Werkstattgeist und klare Orientierung
Das Interior überträgt den Kreisgedanken von der Makro- in die Mikroebene: modulare Möbel aus Kreissegmenten, raumgreifende Sitzlandschaften im Foyer, runde Hocker und flexible Tische. Sichtbare Holzstrukturen, unverkleidete Technik, funktionale Metalloberflächen und robuste Bauteile aus Schichtholz und Recyclingmaterial erzeugen eine Werkstattatmosphäre, die zur aktiven Nutzung einlädt. Farbwelten zonieren, stärken Identität und erleichtern die Orientierung; die vom Büro Uebele gestaltete Typografie im Boden verbindet Leitsystem und poetische Ebene. Um die zentrale Spiraltreppe gruppieren sich jeweils vier Büro-Units mit offenen Arbeitsbereichen, kleineren Büros sowie Meeting- und Workshopzonen. Im Erdgeschoss bildet das Foyer eine adressbildende Mittelachse, inklusive „Pitch Arena“ für Präsentation und Austausch.

Warum das für den Bildungsbau wichtig ist
Der Brainergy Hub steht exemplarisch für Lern- und Arbeitswelten, die Kollaboration ernst nehmen. Der Ring als Raumfigur fördert Begegnung, die Hülle übernimmt Aufgaben der technischen Gebäudeausrüstung, Freiraum und Wasser aktivieren Resilienz. Für Campus- und Schulbauten liefert das Projekt Anregungen: modulare Nutzungscluster statt starrer Flure, atmende Fassaden mit dezentraler Lüftung, klare Erdgeschosszonen als Allmende, Treppen als soziale Verknüpfung, Dachflächen als dritte Ebene. Der Entwurf funktioniert damit als Blaupause, wie sich Wissensräume der Energiewende vom Co-Working bis zur Werkstattpädagogik programmatisch und klimatisch denken lassen.
Bautafel
- Projekt: Brainergy Hub
- Ort: Jülich, Deutschland
- Typologie: Neubau
- Bauherr: Brainergy Park Jülich GmbH
- Architektur: HENN
- Leistungsumfang: LP 1–9 HOAI, Objekt- und Generalplanung, Interior Design
- Landschaftsarchitektur: Latz + Partner
- Tragwerk / TGA: Buro Happold GmbH
- Bauphysik / Akustik / Medienplanung: Müller BBM (Wärmeschutz, Bau- und Raumakustik, Medienplanung)
- Brandschutz: hhp Berlin
- Fassade: Schöne Neue Welt Ingenieure
- DGNB-Zertifizierung: Kempen Krause Ingenieure
- Küchenplanung: K & P Planungsbüro GmbH
- IT-Technik: ComConsult
- Medienplanung: hmpartner
- Signaletik: Büro Uebele
- Grundstücksfläche: 39 400 m²
- Bruttogrundfläche (BGF): 9 700 m²
- Abmessungen: Durchmesser 73 m, Höhe 18 m
- Geschosse: 1 Untergeschoss, 4 Obergeschosse
- Arbeitsplätze: ca. 300
- Wettbewerb: 2021
- Baubeginn: 2024
- Fertigstellung (geplant): 2027
- Nachhaltigkeit: DGNB Gold (angestrebt)
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