Trees, Time, Architecture: Wenn Bäume zum Gegenüber des Bauens werden
Wie lässt sich mit Bäumen bauen – statt gegen sie? Die Ausstellung Trees, Time, Architecture! eröffnet neue Perspektiven auf das Zusammenspiel von Architektur, Zeit und lebender Natur. Ein Plädoyer für wachsende Räume und prozessbasiertes Gestalten.

Der Druck auf urbane Räume steigt. Verdichtung, Hitzewellen, der Verlust biologischer Vielfalt – all das verlangt nach einem Umdenken im architektonischen Entwurf. Lange Zeit galten Bäume dabei als Staffage, als dekorativer Hintergrund des Gebauten. Doch was wäre, wenn sie zum aktiven Teil architektonischer Prozesse statt bloß ergänzt oder bewahrt werden? Die Ausstellung „Trees, Time, Architecture!“ im Architekturmuseum der TUM rückt genau diese Fragestellung ins Zentrum.

© TUM, Foto: Kristina Pujkilovic
Bäume als architektonische Akteure
Anstatt Gebäude um bestehende Bäume herum zu planen oder sie nachträglich in grüne Konzepte einzubinden, fordert die Ausstellung einen Paradigmenwechsel: Architektur soll sich in lebendige Prozesse einfügen – und Bäume als aktive Mitgestalter*innen ernst nehmen. Das bedeutet, Gestalten nicht mehr als das Schaffen fertiger Objekte zu begreifen, sondern als prozessuale Auseinandersetzung mit Zeit, Wachstum, Transformation.
Aufgeteilt in drei thematische Kapitel – „Baum, Zeit und Mensch“, „Baum und Architektur“, „Baum als Architektur“ – entfaltet sich in der Ausstellung ein diskursiver Raum, der den Baum in seiner Vielschichtigkeit begreifbar macht. Historische Dimensionen werden ebenso sichtbar wie ästhetische, politische und ökologische. Ausgangspunkt ist dabei nicht selten die Widersprüchlichkeit des Themas: Die Funktion des Baums als CO₂-Speicher steht dem steigenden Verbrauch von Holz als Baustoff gegenüber. Seine regenerative Kraft trifft auf klimabedingte Fragilität. Architektur begegnet einem Organismus, der sich der vollständigen Kontrolle entzieht.

© TUM, Foto: Ferdinand Ludwig, 2019

Videostill aus dem Film „Taming the Garden“, Salomé Jashi.
© Mira Film / Corso Film / Sakdoc Film, 2021
Vom Objekt zum Prozess: Neue Entwurfsperspektiven
Wie weit kann Architektur gehen, wenn sie sich an den Lebenszyklen lebendiger Systeme orientiert? Antworten liefern internationale Positionen – unter ihnen Carlo Ratti, Francis Hallé, White Arkitekter oder Frei Otto. Ihre Projekte bewegen sich zwischen experimentellem Städtebau, biologisch-technischer Hybridisierung und poetischer Reflexion.
Ein besonderes Augenmerk gilt dem Forschungsfeld der Baubotanik. An der Technischen Universität München wird seit 2017 erforscht, wie pflanzliches Wachstum gezielt gelenkt und mit nicht-lebenden Bauelementen verbunden werden kann. Das Resultat sind Strukturen, die sich selbst erhalten, transformieren und im Idealfall reparieren können. Eine baubotanische Skulptur aus 22 lebenden Hainbuchen vor der Pinakothek der Moderne macht das Prinzip visuell greifbar – ein wachsendes Gegenbild zur starren Architekturproduktion.
Architekturen in Bewegung: Bildungsräume neu denken
Auch Bildungsräume können von diesem Denken profitieren. Schulen als lebendige Systeme zu gestalten, bedeutet, sich auf das Zusammenspiel von gebautem Raum, zeitlicher Entwicklung und sozialen Prozessen einzulassen. Die Ausstellung macht deutlich: Architektur muss sich in Bewegung denken lassen, nicht als statisches Objekt, sondern als offener Rahmen, der wächst, sich verändert und Raum für Teilhabe schafft – räumlich wie symbolisch.
In Exkursionen, Podien, Workshops und einer Summer School wird das Thema vertieft. Die Besucher erwartet keine fertige Antwort, sondern ein Möglichkeitsraum. Denn die Zeit des Bauens auf Kosten der Natur ist vorbei. Nun geht es darum, mit ihr zu bauen.

Ausstellungstitel: Trees, Time, Architecture!
Laufzeit: 13. März bis 14. September 2025
Ort: Architekturmuseum der Technischen Universität München
Adresse: Pinakothek der Moderne, Barer Str. 40, 80333 München
Weitere Infos: www.architekturmuseum.de
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