Skolen ved Dybbølsbro in Kopenhagen: Architektur, die Ernährung und Lernen zusammenführt
In Kopenhagens Quartier Kødbyen bringt ein Schulprojekt Architektur, Ernährung und Bewegung in ein neues Verhältnis. Wie sich Raum, Haltung und Stadtgesellschaft in der Skolen ved Dybbølsbro gegenseitig beflügeln.

Was auf den Teller kommt, prägt den Kopf. In Kopenhagen wird dieser Zusammenhang nicht mehr nur diskutiert, er wird aktiv gestaltet. Zwischen historischen Kühlhäusern und urbaner Gastronomie macht sich ein Bildungsprojekt daran, das Thema Ernährung vom Rand in die Mitte des Schulalltags zu holen. Die Skolen ved Dybbølsbro im Stadtteil Kødby, Kopenhagens Meatpacking District, verbindet pädagogische Haltung mit architektonischer Klarheit – und greift dabei die DNA des denkmalgeschützten Quartiers Kødbyen auf.
Die ehemalige Fleischstadt ist schon lange nicht mehr nur Produktionsort. Galerien, Restaurants, Medienunternehmen und städtische Infrastruktur koexistieren hier. Jetzt erweitert ein neuer Schulbau das Nutzungsspektrum – nicht als Fremdkörper, sondern als Impulsgeber. Weiße Fliesen, lineare Fassaden und offene Raumsequenzen spielen mit der Sprache der Hvide Kødby, dem „Weißen Meatpacking District“, ohne sich nostalgisch daran zu klammern.

Lernen mit Anschluss an den Stadtraum
Der Entwurf von NORD Architects und BBP Arkitekter positioniert sich selbstbewusst im städtebaulichen Gefüge. Statt sich zurückzuziehen, öffnet sich das Gebäude an vielen Stellen zum Quartier. Blickachsen schaffen visuelle Bezüge, großzügige Terrassenflächen definieren neue Aufenthaltsqualitäten.
Auch Bewegung steht dabei im Zentrum des Raumkonzepts: Ein gestaffelter Dachschulhof verknüpft unterschiedliche Ebenen und Nutzungen. Werkstätten, Pflanzflächen, Sportzonen und Rückzugsorte bilden ein zusammenhängendes Raumkontinuum. Die Wegeführung folgt einem Loop, der Aktivität fördert – ohne klassischen Schulhof, aber mit hoher Aufenthaltsqualität.
Ein offenes Atrium verbindet die Geschosse. Treppen und eine zentrale Rutsche übersetzen die Idee von vertikaler Bewegung in gebaute Erlebnisse. Eine 1.250 m² große Sporthalle ergänzt das Bewegungsangebot. Sie lässt sich flexibel unterteilen und steht auch Vereinen offen – als Infrastrukturbaustein im Stadtteil.


Licht, Farbe, Atmosphäre: Gestaltung mit Haltung
Neben Raumprogramm, Bewegung und Ernährung prägt auch die Atmosphäre das Lernumfeld. In der Skolen ved Dybbølsbro wurde gezielt mit Licht und Materialität gearbeitet, um Orientierung und Aufenthaltsqualität zu steigern. Farbige Akzente – insbesondere in Blau- und Grautönen – strukturieren die Räume visuell und schaffen einen gestalterischen Bezug zur industriellen Vergangenheit der Kødbyen.
Innenarchitektonisch setzt das Gebäude auf robuste, aber fein abgestimmte Oberflächen. Sichtbeton, Holz und geflieste Flächen treffen auf weiche Möblierung und gezielte Lichtführung. Tageslicht gelangt durch großzügige Fensterbänder tief in die Klassen- und Gemeinschaftsräume. Künstliche Beleuchtung übernimmt nicht nur funktionale Aufgaben, sondern trägt zur Atmosphäre bei – etwa durch markant eingesetzte Leuchten, die Farbe und Form bewusst aufgreifen.
So entsteht ein Umfeld, das sowohl konzentriertes Arbeiten als auch informelles Lernen ermöglicht – ein Raumgefüge mit Charakter, das sich klar an der Lebensrealität junger Menschen orientiert.


Ernährung als Bildungsprinzip
Die Schule geht weiter als das klassische Fach „Hauswirtschaft“. Essen und Kochen sind integraler Bestandteil der pädagogischen Ausrichtung. Der Begriff „madborgerskab“ – sinngemäß übersetzt als „kulinarisches Bürgertum“ – steht für ein Konzept, das Ernährung als Teil kultureller Bildung versteht.
Herzstück ist ein offener Küchenbereich, der mit Speisesaal und Außenterrassen vernetzt ist. Hier wird gekocht, serviert, geteilt. Die Kinder übernehmen Verantwortung, gestalten Rituale, lernen durch Praxis: Schülerinnen und Schüler kochen und servieren sich das Mittagessen hier selbst, um sich so dem Umgang mit Lebensmitteln als Teil des Schulalltags anzunähern. Die Küche bleibt auch nach Unterrichtsschluss geöffnet – als Ort des Austauschs und der gemeinschaftlichen Nutzung im Quartier. Deshalb ist die Küche auch nicht versteckt, sondern sichtbar und zugänglich – architektonisch genauso wie didaktisch.
Diese Struktur schafft Lernräume, in denen Gemeinschaft entsteht. Der Umgang mit Lebensmitteln wird zum Anlass, über Herkunft, Qualität und Verantwortung zu sprechen. Und über das, was eine Schule im besten Fall leisten kann: Bildung mit Wirkung in den Alltag.

Schulbau als urbane Ressource
Statt exklusiver Nutzung bleibt das Haus offen für den Stadtteil. Freizeitangebote, sportliche Nutzung und gemeinschaftliches Kochen sind auch außerhalb des Stundenplans vorgesehen. Die Räume schaffen Bedingungen für Austausch – mit Architektur, die vermittelt statt abgrenzt.
Dabei bleibt das Projekt konsequent an seinem Ort verankert. Anstatt das Quartier Kødbyen, inspiriert von der Stockholmer Ausstellung von 1930 und seit 1999 denkmalgeschützt, zu überformen, wird es sorgfältig weitergeschrieben. Die Schule ist Teil dieses narrativen Gefüges – aufgeladen mit Geschichte, offen für Zukunft.

Bautafel
- Standort: Skelbækgade / Ingerslevsgade, DK-1717 Kopenhagen
- Bauherrin: Stadt Kopenhagen, Byggeri København
- Zeitraum: 2020 (1. Preis im Wettbewerbsverfahren mit Präqualifikation) – 2025
- Bruttogeschossfläche: 12.500 m²
- Architektur: NORD Architects und BBP Architekten
- Ingenieure: Norconsult
- Landschaftsarchitektur: BOGL Landschaftsarchitekten
- Generalunternehmer: BAM Danmark
- Nutzung: Öffentliche Grundschule mit Fokus auf Ernährung, Bewegung und gemeinschaftliches Lernen
- Besondere Merkmale: Dachschulhof über drei Ebenen, offene Küchen- und Essbereiche, integrative Nutzung durch das Quartier, Sporthalle für schulische und außerschulische Nutzung



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